Das Mädchen das einen Stern heiraten wollte
indianisches Märchen
Quelle: Märchen der Welt, Indianermärchen aus Nordamerika; Fischerverlag; Autor; Frederik Hetmann
Zu der Zeit, von der diese Geschichte erzählt war es Sommer und heiß, so dass obwohl die Seiten des Zeltes aufgeschlagen waren es nachts im Zelt stickig und schwül war
Da verbrachten zwei Mädchen die Nacht im Freien, mit dem Rücken auf der Erde sahen sie hinauf zu den Sternen. Sie lachten und sprachen darüber welchen der Sterne sie am liebsten heiraten würden. Die eine sagte,
"ich nehme den Stern der so weiß leuchtet,"da scherzte die andere:
"der hat schon weiße Haare, ich möchte lieber einen jungen Stern zum Mann".Das eine Mädchen ist über ihre Träume und Scherze hin eingeschlafen, das andere aber blieb wach kurz bis zum Morgengrauen. Und da sah sie mit Anbruch des Tages den Morgenstern aufgehen und hell leuchten. Und sie dachte:
"ich wollte ich könnte dem Morgenstern seine Frau sein."
Am anderen Morgen ging das Mädchen ihrer Arbeit nach, unten im kleinen Wäldchen am Fluß, sie sammelte Brennholz und band es zusammen. Und wie sie sich von der Arbeit aufrichtete stand da ein Mann vor ihr. Sein Gesicht leuchtete, und er war schön, wie sie noch keinen gesehen hatte. Er sagte:
"Ich bin der Morgenstern den du heiraten wolltest, ich komme um dich zu holen."Also ging sie mit ihm hinauf in den Himmel sie wurden Mann und Frau und sie waren glücklich.
Es gab in der Sternenwelt auch eine alte Frau, die saß auf dem Loch in der Himmelsdecke.
Eines Nachts verabschiedete sich von seiner jungen Frau mit den Worten:
"Sieh niemals durch das Loch in der Himmelsdecke."
Eines Nachts als die junge Frau allein war, da hatte sich die Alte von dem Loch in der Himmeldecke entfernt
und die junge Frau konnte nicht anders sie ging hin und schaute hinunter. Schreck und Freude waren gleich groß wie sie ihr Dorf,
ihre Verwandten und die anderen Mädchen sah.
Sie wurde nun von Tag zu Tag trauriger und als Morgenstern sie fragte:
"hast du durch die Himmeldecke gesehen",gestand sie es gleich. Da gab er ihr Seide und daraus spann sie eine Strickleiter, an der sie zur Erde hinunterkletterte.
Die Menschen ihres Dorfes schätzen sie und sie wurde Medizinfrau. Der Weg zurück in den Himmel aber blieb ihr versperrt. Sie gebar einen Sohn in ihrer Hütte. Doch obwohl sie nun einen Sohn hatte und geehrt war in ihrem Volk konnte sie die Tage und Wochen gemeinsam mit Morgenstern nicht vergessen. Und so wurde sie immer trauriger und starb.
Der Junge wuchs heran und da er keine Eltern hatte und auch keine Verwandten war er sehr arm und lebte einmal bei dieser Familie und einmal bei der anderen. Manchmal nahm ihn auch eine alte Frau auf die allein lebte, ein gutes Herz hatte und ihren Vorrat so lange es ging mit ihm teilte. Der Junge hatte als kleines Kind einen Unfall gehabt, er hat sich am Feuer verbrannt. Zurück blieb eine große Narbe an der Wange, so dass er Scarface, Narbengesicht genannt wurde.Der Junge war oft einsam und ging hinunter zum Fluß in das kleine Birkenwäldchen zum Spielen. Einmal wie er über eine Arbeit gebeugt war kam ein stattlicher junger Mann auf ihn zu. Sein Gesicht strahlte hell und war sehr freundlich. Er fragte den Jungen:
"Sag mal, weshalb spielst du hier allein am Fluß?"Antwortete der Junge:
"Ich habe keine Eltern und keine Freunde".An diesem Tag spielten sie zusammen und als Scarface hungrig war lief der Fremde in den Wald und kehrte bald darauf mit Essen zurück. So geschah es nun öfters, Scarface ging hinunter zum Fluß und spielte, und manchmal tauchte der Freund auf. Dann errichteten sie gemeinsam kleine Hütten aus Birkenrinde und es entstand ein winzig kleines Dorf dort unten am Fluß. Und wenn der Fluß in der Regenzeit anschwoll überspülte er es und sie richteten es von neuem auf.
Für Scareface war sein neuer Freund ein Geheimnis, nur die alten Frau bemerkte dass er lebhafter und fröhlicher war wie früher.
Immer wieder kam der Mann mit dem leuchtenden Gesicht zum Fluß, dann wurde es seltener und irgendwann kam er nicht mehr. Für den Jungen aber blieb der Platz unten am Fluß sein Lieblingsplatz, dort ging er hin um nachzudenken, und Zuversicht und Kraft zu sammeln wenn er Kummer hatte.