Interpretation; Meerhäschen

Es ist für mich die Geschichte einer Frau, die ambivalent ist. Einerseits möchte sie gerne heiraten, also ihr Überich, ihr Gewissen, ihre Vernunft, vertreten durch ihren Vater, den König sprechen hier eine deutliche Sprache. Anderseits ist sie stolz hat einen ausgeprägten Wunsch nach Unabhängigkeit, und möchte ihr Reich alleine regieren.

Was wissen wir über die Königstochter:

Sie hat im Sehen Fähigkeiten entwickelt die fast einer Hellsichtigkeit gleichkommen. Das Auge ist das Sinnesorgan welches am stärksten kontrolliert und bewertet. Das obere Turmzimmer entspräche dem Verstand, dem Kopf, der wie eine Schaltstelle an oberster Stelle des Körpers seinen Sitz hat.

Im Spüren nach Innen, erfahren wir wenig von der Königstochter, sie wirkt unempfindlich, mitleidlos gegenüber ihren Freiern. Sie ist unnahbar und verschlossen wie der Turm und gleichzeitig zerbrechlich wie die gläsernen Fenster im großen Saal.

Was wissen wir über ihn, den Jüngsten:

Er hat die Chance, als Jüngster aus den Fehlern der älteren Brüder zu lernen genutzt. Nachdem seine Brüder gescheitert sind steht er jetzt in vorderster Reihe. Er nimmt die Herausfordeurng mutig an überschätzt sich aber nicht, er bittet sie höflich um Bedenkzeit und zwei Versuche.

Er ist Jäger, ausgerüstet mit einem geladenen Gewehr, der Wald ist ihm vertraut und offensichtlich für ihn eine Kraft- und Inspirationsquelle.

Einmal aus der Sicht des Jüngsten, ich nenne ihn "Jäger", er möchte sich ihr nähern, und dabei selbst verborgen und unentdeckt bleiben.

Aus der Sicht der "Königstochter", sie möchte ihn sehen wenn er sich ihr nähert um ihn abwehren zu können.

Diese Aufgabenstellung schafft einen hohen Spannungsgehalt der uns durch das ganze Märchen trägt.

Das ist eine Liebesgeschichte, wie sie sich, in einem anderen Gewand auch in der heutigen Zeit wiederholen kann:

Das Internet, das für Millionen Singles eine wichtige Partnerbörse geworden ist. Der gläserne Turm im Märchen entspricht dem Computer, hier sind die Profile der möglichen Partner abrufbar. Man bleibt anonym, verborgen, macht sich ein Bild von einem möglichen Partner, ruft ihn auf oder verwirft ihn. Im Gegenzug stellt man das eigene Profil, mit festen Daten wie Alter, Beruf, Familienstand, und weichen Daten wie Hobbies, Interessen und Wunschpartner ins Netz. Gleichzeitig baut diese Voraussetzung eine hohe Spannungs- und Erwartungshaltung.